Das unter Denkmalschutz stehende und 1875 zunächst als Wohngebäude errichtete Stadthaus in Detmold wurde anschließend als Nähschule, Mehrparteienhaus mit Wohngemeinschaft, Versicherungsbüro, Kneipe und zuletzt bis 2013 als Schulgebäude im Bereich der Erwachsenenbildung genutzt. Diese Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten zeigt auf, wie flexibel und damit nachhaltig diese wenig determinierten Grundrisstypolgien der Gründerzeit sind. Straßenseitig gliedert eine sehr feine Stuckdekoration die Fassade des Doppelhauses. Im Gegensatz zu der aufwendig gestalteten Straßenfassade mit Risaliten, Pilastern, gequaderten Ecken, Dreiecks- und Segmentgiebeln und einem Gebälkfries mit Akanthusranken und Schwanenpaar wurden alle anderen Fassaden, sowie die 3,80m hohen Innenräume ohne Stuckdekorationen erstellt. Der Umbau ab dem Jahr 2015 sah neben der Rückführung in die ursprüngliche Nutzung als Wohngebäude eine umfassende energetische Sanierung zum KFW-Effizienzhaus-Denkmal vor. Die durch die Addition und Vernetzung gleichwertiger Räume gebildete Nutzungsflexibilität wurde im Rahmen des Umbaus erhalten. Alle Einbauten sind als eingestellte und leicht entfernbare Möbel entwickelt. Größter und konzeptionell wichtigster Eingriff in die denkmalgeschützte Bausubstanz ist der Rückbau der Geschossdecke über dem Esszimmer unter Erhalt der bestehenden Balkenlage. Der hierdurch geschaffene zweigeschossige, fast 8m hohe Raum wird zum kommunikativen Bindeglied aller anderen Räume. Die 3m hohen, zweiflügligen Türen in den Obergeschossen verwandeln sich in Galerien und schaffen in diesem historischen Haus ein unerwartet offenes, lichtdurchflutetes Raumkontinuum mit vielfältigen geschossübergreifenden Durchblicken. Im Rahmen des Umbaus wurden die meisten als nicht historisch oder als historisierend identifizierten Einbauten entfernt, so dass die erhaltene, ursprüngliche Bausubstanz wieder in den Vordergrund tritt. Dies betrifft insbesondere den Umgang mit den gut erhaltenen, historischen Fenstern an der Straßenseite. Aus energetischen und Lärmschutz Gründen wurden diese Fenster mit einer zusätzlichen, innenliegenden Isolierverglasung zu Kastenfenstern ertüchtigt. Die zusätzlichen, in der Ebene der Innendämmung liegenden Öffnungsflügel sind aufgrund des flächenbündigen Einbaus kaum wahrnehmbar. Der Blick auf die historischen Fenster wird somit nicht, wie bei Kastenfenstern üblich, durch innenliegende Fensterrahmen verdeckt. Auch von außen gewinnt das Haus die ursprüngliche, filigrane Erscheinung durch die ausschließliche Sichtbarkeit der einfachverglasten Fenster zurück. Gestalterisch handelt es sich um eine sehr konzentrierte und auf wenige Materialien und Oberflächen reduzierte Arbeit. Die Fußböden aus gut erhaltenen Pitch-Pine-Dielen stellen die prägnantesten Oberflächen in den Innenräumen des Gebäudes dar. Ein Vergleich mit heimischen Hölzern hat ergeben, dass die Farbigkeit und Struktur der Lärche diesem Importholz aus Nord- und Mittelamerika am ähnlichsten ist. Im Kontrast zu der Haptik und Wärme dieser Hölzer steht die Neutralität der Farbe Weiß. Reduziert auf diesen Gegensatz wurde das Materialkonzept für die Oberflächen der baulichen Ergänzungen und der individuell gefertigten Möbel entwickelt.
privat
Detmold
07/2015
1 - 9
418 m2